N. Steinhardt auf Deutsch

Mit dem Segen Seiner Eminenz Dr. Serafim Joantă, Metropolit für Zentral- und Nordeuropa der Rumänischen Orthodoxen Kirche, fingen im Sommer 2019 die Übersetzungsarbeiten an zwei Büchern des zur Orthodoxie konvertierten Juden Nicolae Steinhardt an: Der Gebende erhält’s und Das Tagebuch der Freude.

24. Juni 2021, Hl. Johannes der Täufer
Das Tagebuch der Freude ist erschienen, im Verlag Hagia Sophia.

13. Mai 2021, Christi Himmelfahrt
Gut zum Druck, mit Gottes Hilfe! Das Buch soll am 21. Juni erscheinen.

4. April 2021, Auferstehung des Herrn
Fertigstellung der Übersetzung. Hier das Ende:
<Das ist mein übernatürliches, unerhofftes Glück: Mir wurde die Gnade zuteil, an Gott und Christus zu glauben, wie Unamuno es voraussagte: „An Gott zu glauben heißt, sich zu wünschen, Er existiere und sich auch so zu verhalten, als ob Er existiere.”
Nur als Christ kenne ich die Freude, seltsamer Kantersieg – bar jeglicher Logik. Nur dank des Christseins gehe ich nicht – angespannt, beleidigt – tags oder nachts durch die Stadt – proustischer, von Zeit zersetzter Raum – und bin keine – gemäß François Mauriac in Lebenslinien – dieser lebenden Leichen, die im Fluss des Lebens treiben. Nur dank des Christseins gehöre ich nicht zu denen, die immer noch nicht verstanden, dass – Apg 20,35 – Geben ist seliger als nehmen.>

6. August 2020, Verklärung des Herrn
Start der Übersetzung des Tagebuchs der Freude.
Zum Werk:
<Das Tagebuch der Freude wurde vom späteren Mönch Nicolae in einer losen Reihung von Erlebnissen, Empfindungen, Überlegungen, pragmatischen Einsichten gestaltet. So gelang ihm eine superlative literarische Darbietung seines Lebens zwischen der Kindheit am Ortsrand von Bukarest, den unruhigen Jugendjahren, der Suche nach Gott und sein Finden im Gefängnis, dem Lebensabend als Mönch. Den allgegenwärtigen Schikanen der gefürchteten Securitate ausgesetzt, lernte er die ewigen Tugenden des Christseins bei den Anderen und in sich selbst kennen und schätzen.
Das Meisterwerk ist auch ein Spaziergang unter Freunden. Ob Physiker, Schriftsteller, Philosophen, Psychologen, Theologen: von Morley bis Einstein, von Cervantes bis Dostojewski, von Ionesco bis Kierkegaard, von Basilius dem Großen bis Thomas von Aquin werden sie laufend zitiert.
Die Dreiheit Freiheit-Freude-Glaube bestimmt Steinhardts Sein, harmonisiert sein Denken zwischen Wissenschaft, Literatur, Kunst und Theologie.>

Am 14. Oktober 2020, dem Feiertag der Hl. Paraskevi erschien ein Interview zur Übersetzung von Der Gebende erhält’s.

Karfreitag 2020 wurde die Übersetzung des ersten Bands Der Gebende erhält’s fertiggestellt. Es ist im Verlag Hagia Sophia erschienen.

Hier ein paar Auszüge:

 

Der Gebende erhält’s

 

Was ich Christus verdanke

Das jüdische Ritual enthält ein Gebet; es besteht aus einer Reihe von Danksagungen an Gott für alle Wohltaten, die Er Seinem Volk Israel verhieß. Als Refrain oder Vers, angefügt hinter jeder erwähnten Wohltat, findet man die Wörter dai lanu, die übersetzt werden als: „zureichend, genug ist uns“. Wenn der Herr uns nur aus dem Land Ägypten herausgeführt hätte, wäre es zureichend, um Ihn zu verherrlichen und Ihm Ehre darzubringen. Wenn Er nur das Meer in Festland verwandelt hätte, wäre es genug, um Ihn zu preisen und nicht aufzuhören, Ihm zu danken. Wenn Er uns nur in der Wüste genährt hätte … Und so weiter. Jeder Handlung der Göttlichkeit, jedes Wunder reicht, um die Dankbarkeit des Volkes zu entfachen und seinen Ausruf herbeizuführen: dai lanu!
Dafür, dass Du die Schuppen beseitigtest, die meine Augen bedeckten, danke ich Dir von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und mit meiner ganzen Kraft. Wenn Du nur das alles getan hättest, nachdem Du mich wahrgenommen hast, wäre es würdig und recht unter Tränen zu rufen: dai li!
Dafür, dass Du mir die Möglichkeit gabst, meine eigene Sündhaftigkeit, Nichtigkeit und Niedertracht zu erkennen, bringe ich Dir Lob und Dank dar, und wenn das Geschenk, das mir gemacht wurde, nur auf so viel beschränkt wäre, ist es immer noch mehr als genug, um zu wiederholen: dai li!
Dafür, dass Du mir erlaubtest, zu Dir zu beten, Dich zu lieben und Dich anzubeten: zureichend, genug ist mir, um deinen Heiligen Namen zu preisen.
Dafür, dass Du in mir die Hoffnung auf Vergebung sätest und mir die Möglichkeit gabst, die Erlösung zu erahnen – dafür sei gepriesen, Herr!
Dafür, dass Du mir den Mut gabst, eine Ich-Du-Beziehung zu Dir, meinem Herrn und meinem Gott aufzubauen, staune ich und unfähig etwas anderes zu sagen, rufe ich aus: dai li!
Dai li!
Aus einem Sklaven und Krüppel machtest Du mich zum freien Menschen und Grandseigneur; aus einem Furchtsamen und Missetäter zum wagemutigen Menschen; aus einem Wesen der Dunkelheit zu einem nach Licht Begehrenden. Und machtest mich frei, das Gefühl zu entwickeln, dass es mir nicht verboten ist, zu hoffen, mich de facto nach Deiner Lehre und Deinem Willen zu verhalten.
Da ich nicht im Kindesalter, sondern in voller Reife getauft wurde, konnte ich die Taufe gleichzeitig als Heiliges Mysterium, Tod und Auferstehung erleben, als nicht versiegende Quelle lebendigen Wassers und sensationellen Glücks. Die überwiegende Mehrheit der Christen können nicht wissen, wie sich der Getaufte fühlt und was dieser blitzende Akt wirklich ist; aber jene in meiner Situation wissen am besten, dass es nicht eine Form, ein Ritual, eine Zeremonie, ein Symbol ist; es ist ein unmittelbares Wirken des lebendigen Gottes.
So verdanke ich vor allem Christus das befreiende, berauschende, erhabene, verwandelnde, unbegrenzte Gefühl der
Glückseligkeit – scharf wie ein zweischneidiges Schwert – und
die Erkenntnis, dass „Er aus dir ein neues Geschöpf machen
kann.“ Diese ist nicht eine einfache theologische Aussage oder
eine gleichnishafte Äußerung, sondern ein konstantes Ziel,
eine echte Realität

 

Die kanaanäische Frau

Die Stufen der schrecklichen Prüfung, die der Herr der Kanaanäerin auferlegt, lassen sich wie folgt aufzählen:
Erstens: Nichtbeachten, ignorieren.
Sie kreuzt Seinen Weg, todunglücklich, sie ruft und fleht ihn an; Er aber schenkt ihr kein Wort (Mt 15,23). Er übersieht sie, verachtet sie, und man kann sogar sagen, dass er sie verspottet, denn welche Beleidigung ist grausamer als die, wenn man jemanden anspricht und keine Antwort erhält, nicht einmal als Schelte oder Tadel? Diese eisige, ferne Stille ist schrecklicher als ein Schimpfwort und brennt schlimmer als eine Beleidigung.
Zweitens: Das Eingreifen Seiner geliebten Jünger wird abgelehnt.
Drittens: Erklärung der Nicht-Zuständigkeit.
Die Worte: „Ich bin nur zu den verlorenen Schafen desHauses Israel gesandt“ (übrigens im Widerspruch zur Stelle Joh 10,16: „Ich habe noch andere Schafe, die nicht aus diesem Stall sind“) bilden die sogenannte Ablehnung der Zuständigkeit in der juristischen Fachsprache und gleichzeitig der einzige Fall in den gesamten Evangelien, in dem der Herr juristisch argumentiert.
Als ob Er sagen würde: „Möge die Antragstellerin zu einem anderen Schalter gehen, hier hat sie nichts zu suchen.“
So auch die Kanaanäerin: höflich, untertänig, bescheiden, aber auch sprühend vor Intelligenz, antwortet sie schnell und scharfsinnig! Und weise! (Ihre Antwort ist eine Mischung aus Klugheit, Scharfsinn und einer Subtilität, die verzaubert und überwältigt.)
Deshalb besteht sie die Prüfung exzellent und bekommt eine Note über dem Maximum, sie erhält – sozusagen – eine Eins plus. Sie allein – nur sie, einzig sie – von allen, für welche Jesus ein Wunder vollbrachte, weil sie Ihn baten und an Ihn glaubten, Sie allein wird mit O, Frau! angesprochen.

Es ist gut, aus diesem Gleichnis abzuleiten dass von den Fähigkeiten, die der Herr mag, folgende Seine Freude und Bewunderung hervorriefen: Glaube, Selbstlosigkeit, Mut, Eifer, Anstand, Demut und Intelligenz. Glaube, Selbstlosigkeit, Eifer, Demut kennen wir durchweg als notwendig und willkommen. Aber der Fall der Kanaanäerin zeigt und beweist uns, dass ebenso mächtig und kostbar die Eigenschaften sind, auf die manche Kommentatoren weniger Wert legen: Mut, Höflichkeit, Intelligenz. Der Herr liebt die Gläubigen, die Selbstlosen, die Eifrigen. Und nicht weniger die Tapferen, die Vornehmen, die Intelligenten. Angst, Frechheit und Dummheit gefallen Christus nicht. Die Kanaanäerin – der diese hässlichen Züge fehlen – zeigt es uns in aller Klarheit. Ihr besonderer Erfolg bei der außerordentlichen Prüfung verdeutlicht uns den Sieg einiger christlichen Tugenden, die wir nicht hinreichend würdigen.
Am Ende der längeren Prüfung, die das Leben eines jeden von uns darstellt, wird wahrscheinlich nicht das Prädikat „Summa cum laude“ stehen, das die Kanaanäerin erhielt. Aber hoffentlich können wir das Examen bestehen oder vielleicht sogar eine gute Note bekommen, durch die Gnade des Richters.

 

Orthodoxes Glaubensbekenntnis

Ich glaube an die Heilige Dreiheit.
Ich glaube an den Einen Herrn Jesus Christus, der, ohne Sich zu verändern, aus Barmherzigkeit und Liebe für uns Mensch wurde, um uns zu trösten, uns zu Hilfe zu eilen und uns das Gefühl von Würde und Noblesse zu geben. Der tapfer für uns Menschen auf‘s Kreuz stieg, weil Er nicht nur gut, sanft und demütig von Herzen, sondern vor allem mutig war.
Der die Gerechten liebt und Sich der Sünder erbarmt, aber zu den Furchtlosen eine dauerhafte und beständige Zuneigung hegt, seien sie auch mit schweren, vergangenen Bürden beladen. Der nicht vergisst, dass auch Er ein Mensch auf Erden war, wo Er Seine Stigmata empfing und ein gewisses Ekel gegen Denunzianten, maßlose Beamten und Bürokratie empfand.
Ich glaube an den Heiligen Geist, der weht, wann und wo Er will, zum Skandal und zur Verwirrung der Pharisäer, Engelhaften und Bigotten; der, wie der Vater und der Sohn, etwas anderes als Formen, Philosophie, historische und biblische Beweise will.
Unser Glaube, da bin ich überzeugt, wird nicht mit der „hohen Spiritualität“ verwechselt, verfolgt kein okkultes Wissen, keine mentale Hygiene oder die Einrichtung einer Versicherungsprämie beim Jüngsten Gericht; ihm sind einige naive Eigenheiten fremd, wie zum Beispiel: „Komme, was wolle, ich lüge nicht“ (während der tugendhafte Mönch aus dem Paterikon lügt, um notgedrungen das Leben eines anderen Menschen zu retten). Und das passt nicht zu einer rein organisatorischen Auffassung der Kirche – einer rechtlichen, kalten und schließlich inquisitorischen Organisation: Stirnrunzeln und steife Nacken. Dümmliches, engelhaftes Lächeln, Unordnung oder Unruhe sind hier ebenfalls fehl am Platz.
Ich erwarte nicht, dass Gott unsere weltlichen Angelegenheiten regelt; deren weise Verwaltung obliegt uns, als Wesen, die von Ihm mit einem rationalen Verstand und heißen Herzen ausgestattet sind. Ich schenke diesen weltlichen Dingen nicht mehr Bedeutung als nötig, doch ich verachte sie auch nicht, weil sie mit der göttlichen Schöpfung zusammenhängen. Und das Leben, seine Belanglosigkeiten schmähend, nehme ich ernst, denn darin und spielt sich unser Schicksal für die Ewigkeit ab.
Wenig Bedeutung messe ich der Philosophie, den historischen Argumenten, dem Moralismus, Ästhetizismus und der Gelehrsamkeit bei, die alle keines Wesens mit dem freien, grundlosen, pascalischen rechten Glauben sind. Ich mache mir keine Illusionen, habe die Existenzialisten gelesen, aber ich sehe keinesfalls alles nur in Schwarz; ich weiß, die Welt ist uneinheitlich und überraschend, dass alles – zum Guten oder Schlechten – in ihrer Weite geschehen kann.
Ich flehe, von Christus dem Herrn erobert und von den Netzen des Anscheins und der Ängste befreit zu werden; mich gut zu den Mitmenschen zu verhalten; zu einem Auftreten befähigt zu werden, das jederzeit einen Freund Gottes ausmacht und dass nicht nur meine Taten, sondern auch meine Gedanken rein und ehrenvoll sind.
Ich glaube an Wunder (wie der Held von Mircea Eliade aus Ein 14 Jahre altes Foto) und dass Jesus Christus mit einem Jägerinstinkt Sich auch meiner erbarmen wird, obwohl ich mich so schwer von Seiner unermesslichen Liebe zernichten lasse.
Ich erwarte starr vor Schreck und voller Hoffnung das Jüngste Gericht; ich weiß, dass ich nichts weiß, dass ich keinen Beweis, kein Argument, keine Rechtfertigung habe, und das Einzige, was ich weiß ist, dass der Herr der Weg, die Wahrheit und das Leben ist.
Ich danke den himmlischen Mächten, dass ich befähigt wurde zu glauben, dass diese unvergleichliche Ehre mir zuteil wurde und aus meiner ganzen Seele spreche ich, rufend unter Tränen, wie in Mk 9,24: „Ich glaube, Herr! Hilf meinem Unglauben.“

 

Heilige und geliebte Menschen

Unser Vater Abraham (1), der Barmherzige, der es wagt, mit Gott zu feilschen und sich doch nicht schämt, weiterzumachen – die Szene, über die in Kapitel 18 des Buches Genesis (Verse 23-33) berichtet wird, ist vielleicht die aufregendste des ganzen Alten Testaments. Als Gott zu Moses redete, waren dort Blitz und Donner und eine dichte Wolke und ein mächtiges Schallen von Posaunen. Und als er zu Elias redete, war eine sanfte Brise. Mit Abraham aber scheint Er zu plaudern. Man meint, sie wären zwei Gevatter an einem Tisch, vor ihnen Gläser, im Schatten des Nussbaums hinten im Garten, die Gefallen daran finden, den Abschluss ihrer Beikunft nicht zu übereilen.
3. Den Heiligen Seraphim von Sarow liebe ich sehr, weil er verstand, dass die erste Pflicht eines Christen darin besteht, freudvoll zu sein. Die böse, wütende, ärgerliche, mürrische Kreatur ist kein wahrer Christ (wahrhaftiger Empfänger der Guten Nachricht), wie viele Tausend Metanoia sie auch machen und egal wie viele Zehntausende Kerzen sie auch anzünden würde.
Der Heilige Seraphim sagte zu denen, die er antraf oder zu ihm kamen nicht „Herr“ oder „Bruder“ oder „Ehrwürdiger“, sondern nur „meine Freude“. Sein Slogan lautete „Freut Euch“. Und als er den Friedhof seines Klosters betritt (oder einen anderen), rief er: „Christus ist auferstanden!“ Worauf die Toten immer im Chor antworteten, wie es sich gehört: „Er ist wahrhaftig auferstanden!“
11. Vom Heiligen Antonius von Padua, von den Katholiken so geliebt, reden viele gerne mit viel Herablassung, wenn nicht gar mit Ironie. Der Heilige, der deine verlorenen Schlüssel und deinen streunenden Hund findet!
Wie blind und voreilig böswillig auf diese Weise zu urteilen!
Der Verlust des Hausschlüssels – was für eine Qual und ein Verdruss für einen armen alten Menschen, für einen Schwachen, einen Hilflosen … Der Verlust des geliebten Hundes für einen Menschen, der keine Freunde hat – welch Unglück!
Es gibt un-große Schmerzen, un-tragische, es gibt lächerliche Tragödien, quälende Debakel und Krankheiten, die nicht töten, aber das Leben des Leidenden vergiften: Sollen diese nicht etwa auch berücksichtigt werden?
In seiner unendlichen Güte schämt sich der Heilige Antonius nicht, ihnen unverzüglich zu helfen. Es ist ein Akt des Mutes, denn er impliziert, der Albernheit und Gleichgültigkeit gegenüber sehr reellen, wenn auch nicht „stolzen“ Leiden zu trotzen.
Der gute, bescheidene, sorgsame Heilige Antonius!
16. Maximilian Kolbe, der polnische Priester, der sich bereit erklärte, die Stelle eines Arbeiters, Vaters von vier Kindern, einzunehmen, als die deutsche SS in einem Lager, in dem es zu einer Flucht kam, beschloss, die Häftlinge zu dezimieren. Kolbe
stand neben dem Mann, der unter jeden Zehnten gezählt wurde.
Er nahm also seinen Platz ein (die Lagerleiter interessierten sich für die Anzahl der Opfer, nicht für ihre Person). Und in was für einen Tod ging er? Nicht zum Erschießen oder Erhängen, sondern in eine verlassene Mine, wo die Verurteilten – „Dezimierten“ – langsam vor Hunger und Durst dahinsiechen sollten. Vielmehr, er animierte alle dazu, zur Mine singend zu marschieren.
Eugéne Ionesco: „Es gab kein glücklicheres Schicksal als Kolbes auf dieser Erde.“
19. Katow aus André Malraux’ „La condition humaine“. Im chinesisch-japanischen Krieg der 1930er Jahre wurden Gefangene lebendig von den Japanern in die heißen Lokomotivkessel hineingeworfen. Katow hat eine Cyanidpille. Er überlässt sie zwei anderen Menschen, die mit ihm gefangen wurden.
Problemstellung: Ist sein Akt der Anregung zum und Mitschuld am Selbstmord nicht eine himmelschreiende Sünde?
Antwort: Er ist es.
Frage: Werden somit alle drei beim Jüngsten Gericht verurteilt?
Antwort: Das glaube ich nicht. Ich sehe es anders. Nämlich, dass der Herr zu den Teufeln sagen wird: „Ja, sie sind des Selbstmords (zwei), der Anregung zum und Mitschuld am Selbstmord (der andere) schuldig. Aber – kraft Meines Blutes, das Ich am Kreuz für das Heil der Welt vergoss und kraft des Wortes ‚Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden‘, siehe, befehle Ich, dass Mein treuer Diener, der Erzengel Michael, hier geladen wird. Er möge sein Schwert in die Waagschale werfen, gegenüber den drei Unglücklichen.“ Diese entrinnen somit der Hölle. „Und diesen Katow, kraft derselben Mir gegebenen Allmacht, lade ich zum Königlichen Abendmahl heute ein, wo ihm ein Ehrenplatz zuteilwird, so dass Ich ihn sehen und Mein Wort an ihn richten kann.“
Und dann zu den Dämonen: „Ärgert euch nicht, ihr verliert zwar drei Seelen, aber ihr habt alle Jener, die ihre Gefangenen in den Lokomotivkesseln hineinwarfen. Und es sind nicht wenige.“
23. In einem seiner Avatare war Buddha ein Kaninchen. Ein Brahmane besuchte ihn. Da der Erleuchtete nichts hatte, um seine Gastfreundschaft zu erweisen, warf er sich selbst ins Feuer. Damit der ehrbare Gast etwas zu essen bekam
25. Der ökumenische Patriarch Athenagoras, der Mann des Kusses zu Jerusalem, sagte zu Olivier Clément, dass er die Freiheit über alles liebt und dass er frei zu Christus geht, der Liebe ist.
In diesen beiden wird die Lehre Christi umfasst und verkürzt. Es kann keinen Glauben ohne sie geben.
Der Nachlass Christi: Glaube, Freiheit, Liebe.